Der Zweig Essen besteht seit 1910 und wurde in Anwesenheit von Rudolf Steiner gegründet und eingeweiht. Rudolf Steiner hat von 1904 – 1925 einen Erkenntnis- und Schulungsweg entwickelt, der es erlaubt, die Grenzen der Sinneserfahrung zu überschreiten. Unser Zweig ist heute ein rechtlich unselbständiges Glied der deutschen Anthroposophischen Gesellschaft in Stuttgart, welche mit den anthroposophischen Gesellschaften in vielen anderen Ländern in der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft in Dornach/Schweiz zusammengeschlossen sind.
Dort befindet sich auch das sogenannte Goetheanum, dessen Modell von Rudolf Steiner noch entworfen wurde und das architektonisch auch international bekannt geworden ist.
Mittlerweile sind nach dem 2. Weltkrieg mehrere Einrichtungen entstanden, die auf der Grundlage der Anthroposophie ihre praktische Arbeit ausrichten, z. B. Waldorfschulen, Waldorfkindergärten, Altenheime, Krankenhäuser, Biohöfe, Christengemeinschaft uvm. (siehe Link).
Aus der Chronik des Zweiges Essen
1896
Theosophische Arbeitsgruppe mit Hermann Brown,
Berthold Funcke und Herrn Fuchs
28.2.1910
Zweiggründung
mit einem Vortrag von Rudolf Steiner im Lokal des Frauenvereins „Frauenwohl“ in der Dreilindenstraße
Rudolf Steiner sprach von den verschiedenen Wegen, auf denen die Menschheit den Zugang zu den geistigen Welten gefunden hat, von den Vorbereitungen auf das Christus-Ereignis in den ersten dreitausend vorchristlichen Jahren, dann von den zweitausend Jahren bis in unsere Zeit, in der es hinübergeht in die dritten tausend Jahre. Dies ist ein besonderes Zeitalter, denn die Menschheit hat die Möglichkeit der ich-bewussten Freiheit erworben und kann die Entwicklung nun selbst in die Hand nehmen. Damit verbunden ist ein elementarer Anfang eines neuen Erkennens der geistigen Welt im Ätherischen: „Was werden die Menschen erleben? Eine Erneuerung des Ereignisses von Damaskus: den Christus erkennen.“
Es wurde dann die Aufgabe gestellt, sich zu Lebzeiten ein Verständnis dafür anzueignen und diese Erkenntnis aus dem freien Selbstbewusstsein der Evolution einzufügen.
Von dem Vortrag ist nur eine zusammenfassende Inhaltsangabe erhalten. Es gilt als gesicherte Annahme,
dass die dem Essener Zweig als Einweihungsgedenken gegebenen Aussagen übereinstimmen mit dem vierWochen vorher gehaltenen Vortrag in Karlsruhe am 25.
Januar 1910: „Das Ereignis der Christuserscheinung in der ätherischen Welt. Vorbereitung des Menschen auf das Wiederkommen des Christus durch das Ätherische.“ (GA 118).
Bei diesem ersten Besuch in Essen soll Rudolf Steiner geäußert haben, dass die Aura einer Stadt sich verwandelt, wenn grundsätzlich geistig in einem Zweig gearbeitet wird.
Zweigleiter sind:
Georg Zimmermann, danach Hermann Brown, von ca. 1915 bis 1946 Eugen Boerner
Wöchentliche Zweigarbeit bis zur Verbotszeit 1935 im Haus Blume, Olbrichstraße 44.
22.4.1913
Einziger öffentlicher Vortrag von Rudolf Steiner in Essen, gehalten im Kammermusiksaal des alten Saalbaues:
Die übersinnlichen Welten und die Unsterblichkeitsforschung.
Es gibt keine Nachschrift von diesem Vortrag. Nach dem Vortrag soll Rudolf Steiner gesagt haben, Essen sei ein harter Boden für geistige Aussagen; er könne hier nicht mehr sprechen.

23.4.1913
Zweig-Vortrag mit Fragenbeantwortung, wahrscheinlich im Haus von Karl Blume, Olbrichstraße 44, über den Umgang mit den Toten.
Eine teilweise Nachschrift in zwei Teilen wurde veröffentlicht in der Mitglieder-Beilage der Wochenschrift „Das Goetheanum“ in: Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht, 47. Jahrgang, Nr. 49 und 50, 6. und13.12.1970. Rudolf Steiner besuchte mit Karl Blume u.a. den Essener Münsterschatz.
Zu den ursprünglichen Mitgliedern des Essener Zweiges gehörten nach der Erinnerung des ehemaligen Zweigleiters Eugen Boerner nach einem Brief vom 28.2.1960 folgende Persönlichkeiten:
Berthold Funcke (* 1871 † 14.1.1919)
Frl. Hedwig Kunhenn (* 9.3.1868 † 13.12.1933)
Georg Zimmermann
Karl Blume (gefallen 16.9.1914)
Else Blume (* 11.12.1880 † 26.1.1961)
Eugen Boerner (* 8.3.1882 † 9.6.1973)
Maria Boerner, geh. Wolf(* 23.8.1878 † 5.1.1933)
Frl. Margarete Dondé
Frl. Brügglstraß
Frl.Lene Kleinschmidt
Frl. Emma Kleinschmidt (* 2.10.1869 † 4.6.1947)
Karl Vorderwülbecke (* 27.5.1877 † 25.12.1947)
Betty Vorderwülbecke (* 28.4.1884 † 4.10.1973)
Hermann Brown (* 16.6.1888 † 1.3.1963)
Carl Furch (* 7.5.1882 † 25.5.1963)
Herr Berninger
Auf einer Glückwunsch-Adresse des Zweiges I zur Vermählung des Vorsitzenden Hermann Brown und seiner Frau Magdalene am 23.5.1919 sind Unterschriften erhalten von
Else Blume | Waldtraud Schöpflin |
E. Kleinschmidt | Marg. Dondé |
H. Kunhenn | Georg Zimmermann |
Carl Furch | A. Schöpflin |
Heinrich (Henry) Stein | Luise Stein |
Eugen Boerner | Maria Börner |

Auf Initiative von Friedrich Schuster (* 29.5.1955) entsteht ein zweiter Zweig, der „Berthold Funcke- Zweig“, bis 1935.
1930
Eine dritte Arbeitsgruppe entsteht durch die Initiative von Dr. Heinrich Spitznagel; sie löst sich nach dem Verbotallmählich auf.
1946
Die Leitung des „Zweiges I“ geht von Herrn Eugen Boerner auf Herrn Karl Vorderwülbecke (†25.12.1947) über, danach auf Karl-Ludwig Niefeling, der den Zweig I im Einverständnis mit den Mitgliedern „Christian-Rosenkreutz-Zweig“ nennt.
Nach 1946
Hermann Herigsohn übernimmt die Leitung des Berthold Funcke-Zweiges, nennt ihn „Goethe-Zweig„.
Seit 1948
Die Arbeitsgruppe Spitznagel wird geleitet von Matthias Janssen und Enid Janssen, danach von WilhelmWollborn.
30.3.1950
Neubegründung des Zweiges als „Novalis-Zweig“ unter der Leitung von Wilhelm Wollborn.
Nach 1958
Karl Kühn ist Zweigleiter des „Rosenkreutz-Zweiges“.
Nach 1959
Architekt Heinz Altenbernd übernimmt die Leitung des Goethe-Zweiges.
Ab 1960
Bestrebungen zur Vereinigung der drei Zweige
27.2.1964
Gründungsversammlung des Bauvereins Rudolf Steiner Haus.
25.12.1967
Zusammenschluss der drei Zweige (Christian-Rosenkreutz-Zweig, Goethe-Zweig, Novalis-Zweig) zum ZWEIG ESSEN.
Der Initiativkreis wird gebildet und übernimmt die Leitung des Zweiges.
20.1.1968
Bekräftigung der Gründungsfeier durch einen zweiten Festakt mit Dr. Hagen Biesantz vom Vorstand desGoetheanum. Er hielt einen Vortrag: Das Erwachen am anderen Menschen als Bewusstseins-Kultus.
14.11.1968
Erwerb des Hauses Pelmanstr. 34 Feierstunde des Gedenkens an die Zweiggründung vor 50 Jahren.
Bei dieser Gelegenheit wurde aus einem längeren Brief des vormaligen Zweigleiters Eugen Boerner vorgelesen,der die ausführlichsten Erinnerungen an die frühe Zeit des Essener Zweiges enthält.
1977
Gründung des Bettina von Arnim Hauses. Ursprüngliche Familien– und Krankenpflege. Initiativen von Dr. Lauenstein, Lisel von der Lugt, Heinz Altenbernd, Klaus Janssen, Hanns Gölitz, Herbert Didden, Martin Marg.
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Die im Zweig gepflegte anthroposophische Erkenntnisarbeit wächst auch hinein in die praktischen Felder desmenschlichen Lebens. Trotz des „harten Bodens“ in Essen entstand ab 1922, mit vielen Schwierigkeiten und mit der Unterstützung von Rudolf Steiner, die vierte Waldorfschulgründung (nach Stuttgart, Hamburg und Köln) undbestand bis 1936.
Über diese erste Waldorfschule gibt es eine Dokumentation, herausgegeben von Helga Lauten (Essen 2008). Über die aktuelle Situation (nach der Neugründung 1972) heißt es darin u.a.: „Wer heute das weiträumige Gelände betritt, auf dem die Freie Waldorfschule in Essen steht, der findet dort eine ganze Kulturlandschaft,welche innerhalb der letzten 35 Jahre auf dem Boden eines ehemaligen Bauernhofes entstanden ist. Wo einst grüne Wiesen und fruchtbare Kornfelder sich ausbreiteten, ist seit den siebziger Jahren eine ganze‚Waldorflandschaft‚ herausgewachsen.
Da ist (seit 1974) der Waldorfkindergarten mit seinen etwa 80 Kindern. Da ist die Waldorfschule mit ihrennahezu 700 Schülern in drei eigenen Gebäuden (der Rudolf Steiner-Schule, der Parzival–Schule und dem Heliand-Schulzweig). Und dann ist da auch das Bettina von Arnim–Haus, ein Altenwohn- und Pflegeheim, das vonetwa 150 alten Menschen bewohnt wird … Menschen aller Lebensalter finden sich hier neben- und miteinander.
Alle auf dem Gelände versammelten Institutionen vereinigt der Ring Freier Gemeinschaften ausanthroposophischer Initiative, für den einst (1979) ein gemeinsamer Grundstein unter dem großen Festsaal der Rudolf-Steiner-Schule gelegt worden ist. „
(Die Chronik ist entnommen der „Gedenkfeier 100 Jahre Zweig Essen“ vom 6.März 2010)